Minimalismus – ein Thema, das in den Medien seit einiger Zeit sehr groß ist und in weiten Teilen widerspiegelt, dass der Mensch doch Grenzen im Höher, Schneller, Weiter & Mehr kennt. Für viele sind diese langsam auch tatsächlich überschritten.
Ein Thema, das auch mich schon lange umtreibt – so bin ich eine der Minimalistenfreun.dinnen, einem Blog, den vielleicht einige von euch schon kennen. Für mich also kein Buzzword, dass ich jetzt noch schnell, schnell auf dem Blog platzieren muss und einen uninspirierten List Post tippe, sondern wirklich auch Herzensangelegenheit. Für Menschen wie mich, die innerlich eher zur Unruhe neigen, eine gute und wichtige Option, zumindest äußerlich Ruhe und Struktur reinzubringen. Nach und nach überträgt sich diese, habe ich gehört 😉
Ich möchte nun auch gar keine großartige Ein- oder Hinführung zum Minimalismus geben, denn das haben andere bereits hinlänglich gut getan – ich empfehle zum Beispiel die Beiträge von Minimalismus21 und Sabine. Stattdessen will ich ich der Frage widmen, ob und wie Minimalismus für die Jäger & Sammler unter uns lebbar ist.
Der Mensch ist steinzeitlich prädestiniert dafür, Dinge zu sammeln.
Auch wenn ich in vielen Bereichen inzwischen einen relativ minimalistischen Lebensstil pflege (mein Freund würde hier widersprechen), kann ich als Sammlernatur nicht aus meiner Haut.
Eine Eigenschaft, die ich definitv von meinem antiquitäten- und flohmarktliebenden Vater geerbt habe, der fast schon Zeit seines Lebens jeden Samstagmorgen nach Schätzen stöbert, und der mir auch schon die ein oder andere Rarität vermacht hat.
Sein Steckenpferd sind vor allem Uhren in allen Formen und Ausführungen, die er nicht nur sammelt, sondern auch restauriert und wieder instand setzt – und wer schon mal eine (mechanische) Uhr von innen gesehen hat, der weiß auch, wie faszinierend und kleinteilig ein solches Innenleben eigentlich ist. Jedenfalls besitzt er, zum Leidwesen meiner Mutter, sicher an die tausend Stück. Kleine Taschenuhren lassen sich da ja noch gut verstauen, aber spätestens bei Standuhren hat man dann irgendwann auch ein Platzproblem 😀
Ich glaube, wer selbst nichts sammelt oder gerne auf Märkten herumstöbert, der kann die unbändige innere Freude, wenn man einen kleinen Schatz gefunden hat, kaum nachvollziehen – auch, weil vieles eben nicht „einfach so“ im Laden gekauft werden kann, sondern tatsächlich mit Glück und Geduld erbeutet werden muss 😉
Was bei meinem Vater die Uhren sind, das hat sich bei mir als Kind auf viele andere Bereiche ersteckt. Ganz klischeemäßig waren es mit 8 Jahren zunächst Briefmarken. Der Auslands-Korrespondenz meines Großvaters geschuldet, hatte ich auch wirklich viele interessante Marken aus aller Welt, aber gesammelt habe ich auch nebenbei eigentlich so gut wie „alles“: Tauschbildchen (kennt die noch jemand?), Knöpfe, Muscheln, Mineralien…

In der Pubertät ließ das Ganze dann etwas nach, um sich später auf andere Felder – online – auszuweiten, gerne auch bei Bereichen mit „künstlicher Verknappung“. Daran lässt sich schon feststellen, dass der Jagd-Prozess an sich bei mir oft entscheidend ist. Designklassiker – aber nie neu, nur vom Flohmarkt oder den Kleinanzeigen und eben auch Platten! Vinyl kaufe ich ebenfalls nie neu – ich besitze genau 3 neue, und die habe ich jeweils geschenkt bekommen…
Auch die Wirtschaft kennt diese Mechanismen natürlich, die im menschlichen Gehirn verankert zu sein scheinen und neben den Sammlern auch die Jäger ansprechen. „Limited Edititons“ heißt das Zauberwort der absichtlichen künstlichen Verknappung, dass nur zu oft bei Kosmetik oder Klamotten seinen Einsatz findet.
Wie also schafft man es als Sammler, diese Kategorien auf ein vernünftiges Maß zu beschränken, gleichzeitig aber den Spaß an der Sache zu bewahren?
Der Minimalismus wird oft auch in Zusammenhang gebracht mit dem sogenannten „neuen Biedermeir“: der freiwilligen Abkehr von der allzu modernen Welt und dem Rückzug in die eigenen vier Wände.
Das Sammeln stellt für mich in gewisser Weise einen ählichen Wert dar: das sorgfältige Kuratieren und Pflegen von Gegenständen aus vergangenen Tagen, die man für unbedingt erhaltenswert hält.
Sammeln als Flucht aus dem digitalen Alltag?
Warum? Das kann man, zumindest bei so etwas wie Platten, kaum erklären. Die meisten davon gibt es neu auch, oder zumindest deren Inhalt in weitaus morderner, aber wenig greifbarer Form. Zu einer CD oder mp3-Datei kann man keine derartige Beziehung aufbauen. Auch eine Uhr hat mit einer Smartwatch, die diese auf kurz oder lang wohl ablösen werden, wenig gemein. Im Bezug auf Sammler, die Uhren nicht wegen der Optik, sondern der Feinmechanik und des unglaublichen Innenlebens schätzen: sogar gar nichts. Roh, technisch, ohne Persönlichkeit. Und irgendwie ist es ja auch das, was unseren Alltag immer mehr ausmacht – der wird zunehmend digitaler, schneller und unpersönlicher – weil Algorithmen und Chatbots den menschlichen Faktor halt doch nicht ersetzen können.
Obwohl ich ein „digital native“ bin und sowohl in einer zukunftsorientierten und innovativen Branche arbeite als auch viele der dargebotenen Optionen begeistert nutze, stehe ich vielen Neuerungen, die uns das Leben ja immer nur „einfacher machen sollen“, skeptisch gegenüber.
Dieses ununterbrochene Blinken, Klingeln, Teilen und Weiterleiten überfordert uns, lässt uns unruhig und rastlos werden. Genau das ist es, was mich an meinen analogen Sammlungen festhalten lässt – die sich ja ohne weiteres digital ersetzen lassen würden. Dabei würde nur etwas ganz wichtiges fehlen: das Gefühl. Denn es gibt wenig, das vergleichbar ist mit dem Geräusch, wenn die Nadel das erste Mal aufsetzt und die Platte mit leichtem Rauschen und Knistern beginnt… wer eine wissenschaftliche These zu dieser Thematik lesen möchte, der findet bei Minimalismus21 einen sehr informativen Post am Beispiel Polaroid.
Sich trennen können
Aber auch als Sammler kann man sich durchaus weiterentwickeln vor allem, wenn man Besitz kritisch hinterfragt. So habe ich vor knapp zwei Jahren als größte Sammelleidenschaften noch meine Platten und Design-Magazine gezeigt. Zwischenzeitlich ist die Magazin-Sammlung sehr stark geschrumpft, „Sammlung“ kann man es eigentlich gar nicht mehr nennen. Ich habe die Hefte kaum noch benutzt, und in Masse nahmen sie doch viel Platz weg und haben mich auch eher belastet, als zu inspirieren: weil ich meinen eigenen Ansprüchen im kreativen Bereich oft nicht genüge und dazu neige, mich nach oben hin zu vergleichen und nicht nach unten. Insofern: weg damit! Ich habe sie bis auf einzelne Lieblingsausgaben in den offenen Bücherschrank gebracht und hoffe, jemand anders hatte noch Freude daran.
Neue Zeitschriften, die ich mir des Öfteren besorge, werden innerhalb der Familie oder des Freundeskreises weitergegeben und mindestens zweimal gelesen. Sinnvoller als sie zu horten, ist das mit Sicherheit.
Beautyblogger = Kosmetiksammlung?
Ein Bereich, den ich zukünftig noch angehen muss, ist das Thema Kosmetik. Hier sammele ich blogbedingt nicht um des Sammelns willen, sondern um zu testen, auszuprobieren und um Reviews zu schreiben. Auch hier werden Produkte, die nicht zu mir und meinem Typ passen, weitergegeben. Aber trotzdem sammelt sich im Laufe der Zeit einiges an und hat nur ein begrenztes Haltbarkeits-Datum. Zum Wegwerfen ist es zu schade, darauf verzichten möchte ich auch nicht: denn ohne Produkte könnte ich auch über nichts schreiben. Doch wie Jenni, die in einem Rundumschlag sehr viel aussortiert hat, neulich schrieb: wir haben alle nur ca. 6qm Haut und können somit nicht endlose Tiegelchen an Cremes testen. Außerdem ist die Nachhaltigkeit ebenso wie die Naturkosmetik ein zentraler Punkt hier auf dem Blog, da wäre es einfach unschön, im Hintergrund Produkte ohne Ende anzuhäufen und im schlimmsten Fall irgendwann zu entsorgen. Eine schöne Lösung (…oder nur eine Verlagerung des Problems und Augenwischerei, weil wir alle
sozuviel haben?) wäre vielleicht das Wieder-Aufleben lassen der Blogger-BIOuty-Box mit nicht-neugekauften Produkten – oder habt ihr eine Idee, wo man auch getestete Kosmetik spenden kann? Wie haltet ihr es mit euren Sammler-Leidenschaften?
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